Transportkapazität und Frequenzerhöhung sind wichtiger als das Tempo

Transportkapazität und Frequenzerhöhung sind wichtiger als das Tempo
3. Februar 2010 Städte-Allianz ÖV Ost- und Zentralschweiz

„Städte-Allianz öffentlicher Verkehr Ost- und Zentralschweiz“ widerspricht ETH- These für den künftigen Ausbau der Eisenbahn

Die ETH-Verkehrsexperten Professor Ulrich Weidmann und Jost Wichser schlagen in der NZZ vom 3. Februar eine neue Strategie des künftigen Eisenbahnausbaus im Rahmen des Projektes Bahn 2030 vor. Nebst den vertretbaren Stossrichtungen der Forcierung von Informationstechnologien und dem Vorzug der klassischen Bahn gegenüber neuen Verkehrsmitteln, wollen die Autoren erneut auf die Konzentration und die Beschleunigung der (inter-)nationalen Eisenbahnverbindungen durch die Schweiz fokussieren. Auf der Strecke blieben der vordringliche Kapazitätsausbau und die Erhöhung der Frequenzen innerhalb der Metropolitanräume. Vordringlich ist angesichts der Verkehrswachstumsprognosen für die Städte-Allianz öffentlicher Verkehr Ost- und Zentralschweiz ein deutlicher Effort zur Eliminierung der wirtschafts- und umweltschädlichen Kapazitätsengpässe im Regional- und Nahverkehr. Das gilt insbesondere für die Engpässe auf den Achsen Luzern-Zug-Zürich und St.Gallen-Winterthur-Zürich.

► Die Bahninfrastruktur muss sich weiter entwickeln, jedoch kann nicht die Tempoforcierung im Vordergrund stehen. Der öffentliche Verkehr ist gegenüber den Hauptstrassen-Achsen bereits heute konkurrenzfähig. Das technische Potenzial für Beschleunigungen zwischen den grossen Zentren in der Schweiz ist verhältnismässig klein, die dadurch erzielbare Attraktivitätssteigerung zum erwünschten Umstieg von der Strasse auf die Schiene nunmehr begrenzt. Der Nutzen einer Hochgeschwindigkeitsbahn mit 350km/h – so schön sie wäre – dementsprechend fraglich. Hinzu kommen gewaltige raumplanerische Schwierigkeiten für deren Realisierung in der dicht besiedelten Schweiz.

► Klare Priorität im Eisenbahnverkehr zwischen den Wirtschaftszentren innerhalb eines Metropolitanraumes muss der Ausbau von Frequenzen und Kapazitäten haben. Die Transportnachfrage muss erst durch Kapazitätssteigerungen des ÖV im Zugang zu und zwischen den Wirtschaftszentren aufgefangen werden. Diese ist für das Funktionieren der Metropolitanräume entscheidend. Wird der Schienenkapazität für Pendler nicht ausreichend Rechnung getragen, droht den Wirtschaftszentren, sprich den Städten, das Ersticken im Strassenverkehr. Verlust von Wirtschafts- und Steuerkraft und die Abwanderung der genervten Pendler und Geschäftsreisenden gehen damit einher.

► Der regionale öffentliche Nahverkehr – insbesondere im Metropolitanraum Zürich – kann mit den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln gar nicht anders als über die klassischen Schienen abgewickelt werden. Das Personenverkehrsaufkommen nimmt in den Städteagglomerationen weiter zu. Die Kapazitätsgrenzen sind zum Teil aber bereits heute erreicht. Neue, unabhängige Verkehrssysteme einzuführen, ist wesentlich teurer als der Ausbau des bestehenden Schienennetzes.

► So löblich die Konzentration der Mittel auf die grossen Achsen zur Erreichung des Verlagerungszieles und zur noch schnelleren Verbindung der grossen Schweizer Metropolitanräume auch sein mag: Es gilt zu bedenken, dass für das Funktionieren der Metropolitanräume andere Strecken von gleich grosser Bedeutung sind. Optimal organisierte und vernetzte Metropolitanräume sind Voraussetzung für das inländische Wirtschaftswachstum. Die regional lebende und arbeitende Bevölkerung trägt mit Abstand am meisten zum volkswirtschaftlichen Ergebnis unseres Landes bei und nicht jene Personen und Güter, für welche die Schweiz nur ein Durchreisekorridor darstellt.

Schlussfolgernd ergibt sich damit, dass die künftige Bahninfrastruktur-Politik einen starken Fokus auf die Eliminierung der Kapazitätsengpässe innerhalb der wichtigsten Wirtschaftsräume der Schweiz haben muss. Zweifellos gehört der Metropolitanraum Zürich erstrangig dazu. Nicht wegen Zürich sondern im Verkehr mit Zürich, wo ein Drittel der nationalen Wertschöpfung generiert wird. Die Achsen Luzern-Zug-Zürich und St.Gallen-Winterthur-Zürich gehören zu den am meisten mit Personenverkehr (über)belasteten einspurigen bzw. zweispurigen Abschnitten im schweizerischen Eisenbahnnetz. Prioritär sind Kapazitätsausbauten und Frequenzerhöhungen, welche im Idealfall gleichzeitig Reisezeitverkürzungen mit sich bringen. Ein rascher Ausbau – nicht nur des Brüttener Tunnels sondern auch des Zimmerbergbasistunnels II – ist deshalb ein volkswirtschaftliches Muss und hat höchste Dringlichkeit. Der Metropolitanraum Zürich muss auch in Zukunft seiner nationalen Rolle als Wirtschaftsmotor der Ost- und Zentralschweiz gerecht werden können.

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